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Regenzeit in Niger

Sara arbeitet seit bald einem Jahr in Westafrika, als Hebamme in einem Krankenhaus in Niger. Darüber hinaus besucht sie regelmässig Frauen im Gefängnis. Sie ist Langzeit-Entsandte der SIM Schweiz, nachdem sie früher schon mal einen Kurzzeiteinsatz in Niger gemacht hat. Seitdem schlägt ihr Herz für die Menschen dort und sie liebt es, sich um die Frauen und ihre Kinder zu kümmern. Hier berichtet Sara aus ihrem Alltag.

Der Sommer ist bei Ihnen in Europa angekommen! Auch im Westen Afrikas haben wir T-Shirt-Saison (genauer gesagt habe ich seit acht Monaten keinen Pullover mehr getragen!). Hier in Niger hat es nun nach mehr als zwei Monaten grosser Hitze geregnet. Der Regen wurde sehnlichst erwartet, nicht nur wegen der Abkühlung, die er bringt (wir haben tagsüber jetzt etwa 5 Grad weniger), sondern vor allem, da die Bauern hoffen, dank ihm in ein paar Monaten ernten zu können.

Während der Trockenzeit sind die Lebensmittel knapp und das tägliche Leben ist noch härter als sonst schon. Nach der Dehydrierung aufgrund der überhöhten Temperaturen waren die letzten Wochen gezeichnet von Verlusten. Besonders betroffen war ich von Zeinabs Schicksal, einer 23-jährigen Frau, die bereits ihr erstes Baby verloren hatte, das damals drei Monate alt war und an Malaria starb. Zeinab kam nun in die Entbindungsstation, glühend heiss vom Fieber und mit einer seit drei Tagen geplatzten Fruchtblase. Meistens kommen die Frauen hier tatsächlich nicht schnell ins Spital, nachdem die Fruchtblase geplatzt ist, weil ihnen die Mittel fehlen oder ihre Ehemänner sie daran hindern.

Als ich das Ultraschallbild machte, musste ich Zeinab mitteilen, dass ihr Baby gestorben ist. Ich begleitete sie zu einem Entbindungsbett, wo sie auf ihre Nachbarin traf, die dort auch lag, nachdem ihr Baby ebenfalls im Mutterleib gestorben war. Ich kümmerte mich also um diese beiden Freundinnen und war berührt von ihrer Solidarität inmitten ihres schrecklichen Verlusts. Solch ein Verlust gehört hier leider zum Alltäglichen.

In diesen Momenten, in denen körperliches Leiden auf seelischen Schmerz trifft, spricht man weder über das eine noch über das andere. Wir versuchen, die Liebe Jesu durch unsere beruhigende Präsenz und Fürsorge zu vermitteln. Manchmal beten wir gemeinsam. Ich fühle mich am richtigen Platz, wenn ich bei den Leidenden bin und versuche, ein wenig Trost und Hoffnung zu spenden.

Glücklicherweise gibt es auch andere Erlebnisse, die mir Freude bereiten, wie das von Binta, die vor einer Woche entbunden hat und danach einen schweren Zahnabszess bekam, der schnell zu einer Sepsis führte. Sie kam bewusstlos zu uns, umgeben von über 100 Fliegen, die von ihren infizierten Wunden angezogen wurden (der Zahnabszess hatte sich bis in ihren Bauchraum ausgebreitet). Der Chirurg, der sie behandelte, dachte, dass sie den nächsten Tag nicht überleben würde, aber zwei Tage später stand Binta lächelnd vor mir!

Ihr sechstes Baby, das nach der Geburt nicht mehr als ein Kilo wog, konnte ebenfalls wieder zu Kräften kommen und beiden geht es heute viel besser! Binta blieb auch lange genug im Krankenhaus, um mehrmals von Jesus hören zu können.

Mit Cherifa, einer Kollegin und Freundin, besuche ich regelmässig einen Ort, wo wir unterrichten. Zu meiner grossen Freude kann Cherifa sehr gut mit Frauen und Kindern umgehen und unterrichtet sie mit Begeisterung. Wir haben verschiedene Themen wie z. B. Hygiene und Gesundheit besprochen. Ich bereite meinerseits mit meiner Sprachhelferin Nana eine biblische Geschichte in der einheimischen Sprache Hausa vor. Etwa 100 Frauen und Kinder kommen zu diesem Treffen zusammen. Das ist ein wenig einschüchternd, aber sehr ermutigend! Das Hauptproblem der Dorfbewohner dort bleibt ihr mangelnder Zugang zu Wasser. Sie sprechen es jedes Mal an und ich kann es ihnen nicht verübeln. Ich bete, dass Gott bei diesem lebenswichtigen Bedürfnis eingreift und dass es für sie ein Weg ist, Gottes Güte neu zu entdecken.

Danke, wenn Sie Gott um Bewahrung der Menschen hier bitten, insbesondere jetzt, wo die Regenzeit beginnt. Regelmässig stürzen Dächer, Mauern oder ganze Häuser ein. Und mit dem Regen, der eigentlich segensreich ist, kommt auch die gefürchtete Malaria, die hier in Westafrika massenhaft Menschen tötet. Die Arbeitsbelastung wird in den nächsten Wochen stark zunehmen. Bitte beten Sie dafür, dass die Mitarbeiter des Spitals in ihrer Motivation und Liebe erneuert werden, und dass sie alle Patienten gut versorgen können.

Lesen Sie auch einen Beitrag von Sara in unserem neuen SIM-Magazin, das sich mit dem Thema “Frisches Wasser” befasst. Sie können das Heft direkt hier lesen.