Wer sind die Fulbe? Fragen und Antworten mit Jon Banke, SIM-Experte für die Fulbe

Von Vincent Wastable (SIM Frankreich-Belgien)
Dieser Artikel wurde ursprünglich von SIM Frankreich-Belgien auf Französisch veröffentlicht.
 

Jon, du kennst die Fulbe gut. Was unterscheidet sie von den anderen Gruppen, mit denen sie zusammenleben?
Die Tatsache, dass sie Nomaden sind, ist ein grosser Unterschied. Das prägt ihr Weltbild, das sich oft sehr von der Sichtweise sesshafter Gemeinschaften unterscheidet.

Das Akronym NOMAD (in Englisch) ist ein hilfreiches Werkzeug, um über das nachzudenken, was sie auszeichnet:

• “N” für Networking (Vernetzung): Beziehungen sind zentral für die Fulbe und innerhalb ihrer Gemeinschaft besonders stark.

• “O” für Organised (Organisiert) : Die Fulbe sind in Clans und Grossfamilien organisiert. Sie teilen fast alles innerhalb dieser Familieneinheiten.

• “M” für Mobility (Mobilität): Eine nomadische Lebensweise ist kein zufälliges Umherirren. Es geht darum, Mobilität als eine Ressource an sich zu betrachten, eine Bereitschaft zur Bewegung, um Zugang zu Ressourcen wie Wasser und Weideland für ihre Herden zu erhalten. Als Hirten fühlen sie sich ihren Tieren mehr verbunden als ihrem Land, auch wenn sie Landwirtschaft betreiben.

• “A” für Autonomy (Autonomie): Obwohl die Fulbe Handel mit anderen treiben, können sie ohne diese Verbindungen auskommen. Vielerorts koexistieren die Fulbe friedlich mit sesshaften Völkern.

• “D” für Distinctive (Unterscheidend): Die Fulbe sehen sich selbst als anders an als andere Gruppen, und die anderen sehen sie ebenfalls so. Ihr Aussehen und ihre Kleidung heben sie von anderen ab.

Die Fulbe haben einige Gemeinsamkeiten mit den Menschen in ihrer Umgebung. Ist es ihnen möglich, in Frieden zu leben und gute Beziehungen aufzubauen?
Ja, das ist möglich. Die Fulbe schätzen den Frieden und wünschen sich ein harmonisches Zusammenleben. In Nigeria beispielsweise wurden sie jedoch historisch gesehen aufgrund lokaler Spannungen verachtet und gehasst, was zu Gewalt geführt hat. Seit den 2010er Jahren scheinen radikale muslimische Gruppen die Ungerechtigkeiten gegenüber den Fulbe ausgenutzt und sie als Kämpfer rekrutiert zu haben.

Es wird erzählt, dass Ältester in Westafrika gesagt hat: „Wenn ihr mir sagt, dass Fulbe im Himmel sind, will ich dort nicht hin.“ Das zeigt, wie oft sie als Fremde betrachtet und überall, wo sie leben, schlecht aufgenommen werden.

Die Leute sagen oft, dass der Dienst unter den Fulbe schwierig ist und es nicht viele greifbare Ergebnisse gibt. Das musst entmutigend sein für diejenigen, die das Evangelium weitergeben!
Wir müssen verstehen, dass der Einsatz bei den Fulbe ein langfristiges Engagement ist, das die Verpflichtung einschliesst, zu verstehen, wer die Fulbe sind. Wir müssen akzeptieren, dass wir die Ergebnisse vielleicht nicht selbst sehen werden.

Die Fulbe legen Wert auf Demut. Diejenigen, die mit einem vorgefassten Plan kommen, um ihnen zu helfen oder sie zu retten, werden nicht respektiert, auch wenn ihre Höflichkeit etwas anderes vermuten lässt.

Meiner Erfahrung nach geht es nicht darum, dass das Evangelium für sie schwer anzunehmen ist. Ich denke, die Vorstellung, dass sie unerreichbar seien, ist ein Mythos. Es braucht einfach Zeit, um Ergebnisse zu sehen. Letztendlich müssen wir uns daran erinnern, dass Gott das Werk vollbringt.
 

Fulani-Pastor und westlicher Gesandter auf einer Strasse in Westafrika unterwegs

Die Bibel wurde in die Sprache Fulfulde übersetzt, und einige Dialekte, wie das Borgu Fulfulde in Benin, haben ihre eigenen Übersetzungen. Wie kann die Bibel für die Bibel für die Fulbe noch wertvoller werden?
Die vollständige Bibel wurde ins kamerunische Fulfulde übersetzt, einen der acht Hauptdialekte mit Übersetzungsprojekten. Allerdings wird diese Übersetzung oft als veraltet empfunden, wie das Lesen der King James Version. Es wird viel daran gearbeitet, die Alphabetisierung zu verbessern. Wenn die Fulbe das Wort in ihrer eigenen Sprache hören, berührt es sie tief. Mehrere Dialekte verfügen über Radioprogramme und Sendungen, um das Wort zu teilen.

Die Bibel gesprochen direkt zu hören, hat eine besondere Kraft – es ist kein Vermittler nötig. Mündlichkeit ist ein wichtiges Werkzeug für die Kommunikation mit den Fulbe, Es ist sehr wichtig, beim Weitergeben der Botschaft Redewendungen, Sprichwörter und lebendige Bilder zu verwenden.

Was ist Ihrer Meinung nach dem besten Weg, die Herzen der Fulbe-Gemeinschaften zu erreichen?
Sich anzustrengen und Zeit zu opfern, um sie kennenzulernen und ihre Sprache zu lernen, ist einer der besten Wege, eine Verbindung aufzubauen. Wenn man ihre Sprache lernt, beginnt man auch, ihre Kultur zu verstehen. Das ist nicht einfach und kann Jahre dauern, aber es lohnt sich.

Ich möchte nicht zu starr sein, aber für mich ist der effektivste Ansatz, einfach bei ihnen zu sein. Das nenne ich den „Dienst der Gegenwart“ – mit ihnen zusammenzusitzen, Zeit zu teilen und Beziehungen aufzubauen. Das öffnet die Tür, um über Gott zu sprechen, gemeinsam die Bibel zu lesen und sie mit ihnen zu erkunden.

Ihre Sprache zu lernen, erfordert Zeit und Engagement. Diese Art von Dienst ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Aber wenn man das Vertrauern in einer Fulbe-Gemeinschaft gewinnt, kann man wirklich in eine Fulbe-Familie aufgenommen werden.

Du bist seit 2016 Koordinator für den Dienst unter den Fulbe bei SIM. Wie viele Mitarbeiter arbeiten derzeit unter den Fulbe?
Als Koordinator besteht meine Rolle darin, als Berater für diejenigen zu fungieren, die mit den Fulbe arbeiten. Ich bin auch an der Mobilisierung und Ausbildung neuer Mitarbeiter beteiligt, die sich diesem Werk anschliessen sollen.

Gibt es positive Entwicklungen?
Die Fulbe-Kirche wird reifer und wächst sowohl an Zahl als auch im Verständnis ihrer Rolle bei der Weitergabe des Glaubens. Die Mobilisierung der Fulbe-Kirche ist ein strategisches und kontinuierliches Bemühen.

In Benin gibt es einen Verband von Fulbe-Kirchen. Fulbe-Pastoren werden ausgebildet, auch wenn dies in der Sahelzone noch selten vorkommt.

Erzähle uns von einem Dienst, der dir besonders am Herzen liegt.
Ein Dienst, der mich beeindruckt, ist die Arbeit einer Familie, die von 2016 bis 2020 ein Programm durchgeführt hat. Diese Familie hatte eine wunderbare Art, neben den Fulbe zu leben. Sie bauten einfache, rustikale Häuser, bewirtschaften ein kleines Feld und verbrachten Zeit mit den Menschen.

Heute sind etwa zehn Menschen im Dorf Christen, darunter der Dorfchef, der als Erster zu Christus fand. Das ist ein perfektes Beispiel für die Art von Dienst, die ich für wirklich effektiv halte.
 

Bitte betet:

• Dass Jon in seinem Wissen und Verständnis der Fulbe-Kultur wachse, damit er die Mitarbeiter des Evangeliums besser ausrüsten kann, unter ihnen zu dienen.

• Für die kleine Zahl von Fulbe-Christen, dass sie in Frieden und Harmonie gemeinsam anbeten dürfen, ohne Angst vor Verfolgung.

• Dass Gott weltweit mehr Mitarbeiter erweckt, die unter den Fulbe dienen.